Wie viel Papier muss es wirklich sein?
Muss wirklich jede Gebrauchsanleitung in gedruckter Form beigelegt sein? Reicht heute nicht auch ein USB-Stick, eine CD-ROM, ein Link oder ein QR-Code?
Vor dem Hintergrund des viel propagierten papierlosen Büros, dem Voranschreiten der Digitalisierung und nicht zuletzt des immer wichtiger werdenden Umweltgedankens, stellt sich nach wie vor die Frage: Wie viel Papier ist eigentlich im Bereich der Gebrauchsanleitungen noch notwendig?
In Zeiten, in denen so gut wie jeder mit einem Smart-Phone, einem Tablet oder zumindest Zugang zum Internet ausgestattet ist, stellen sich viele Hersteller und auch einige Kunden die Frage, ob gedruckte Gebrauchsanleitungen nicht vollkommen überholt sind. Braucht man sie zwingend? Und wenn ja, in welchem Umfang?
Vorteile von digitalen Gebrauchsanweisungen
Wie so oft scheiden sich auch hier die Geister. Denn je nachdem, welches "Lager" Sie befragen, bekommen Sie verständlicherweise meist Begründungen geliefert, die dem jeweiligen Ideal entsprechen. Vorteile einer rein elektronischen Gebrauchsanleitung liegen aber für beide Seiten mehr oder minder auf der Hand.
Aus Sicht der Unternehmen:
- Einsparung von Druckkosten
- Erleichterung von Aktualisierungsprozessen
- Verkürzung von Reaktionszeiten (z. B. bei Gesetzesänderungen)
- Voranbringen der Digitalisierung
- Nachhaltigkeit
- Steigerung der Anwenderfreundlichkeit
- Möglichkeit zur Erhöhung der Wettbewerbschancen
Aus Sicht des Endkunden:
- Verfügbarkeit ist jederzeit gegeben
- Anleitungen können simultan mit anderen Nutzern verwendet werden
- Erleichterte Suche durch intelligente Suchfunktion
- Bessere Anschaulichkeit durch Einbindung multimedialer Inhalte (z. B. Videos und/oder Audio)
- Mehr Barrierefreiheit durch Text-to-Speech und Zoom-Funktion
Rechtliche Rahmenbedingungen für papierlose Dokumentation
Aber was sagt eigentlich der Gesetzgeber zum Thema? Wer sich jetzt eine klare und verbindliche Aussage für alle Bereiche von dieser Seite erhofft hat, der wird erstmal enttäuscht.
Lediglich in den Bereich der Medizinprodukte ist Bewegung gekommen. Dort wurde die alte EU-Verordnung 207/2021 (MDR) durch die neue Durchführungsverordnung 2021/2226 ersetzt. Diese Verordnung regelt ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gebrauchsanweisung in elektronischer Form vorliegen darf.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Gesamtsituation dennoch alles andere als übersichtlich. Denn Normen und Richtlinien äußern sich zwar zu sämtlichen inhaltlichen Bestandteilen, die in einer Gebrauchsanleitung vorhanden sein müssen, nicht zwingend jedoch zu deren Darreichungsform. Wenn doch, dann eher schwammig und die meisten Hersteller gehen automatisch davon aus, dass Anleitungen stets in gedruckter Form vorhanden sein müssen.
Risiken beachten, die durch digiale Anleitungen entstehen
Der Interpretationsspielraum, den Richtlinien und Normen den Produktherstellern bieten, kann auch aktiv genutzt werden. Dabei müssen Sie als Unternehmen kein zusätzliches Risiko eingehen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Überlegungen, Entscheidungen und deren Grundlage analysieren und festhalten, d. h. dokumentieren. Wenn nach reiflicher Überlegung eine elektronische Gebrauchsanweisung sinnvoll, nutzbringend und sicherer für Ihre Zielgruppe(n) sind – bitte, gehen Sie die notwendigen Schritte. Sollten Sie jedoch bei Ihrer Analyse feststellen, dass durch das Fehlen der Papieranleitung neue, gefährliche Risiken entstehen, dann sind Sie mit der Print-Version besser beraten – ggf. können Sie ergänzend digitale Inhalte beisteuern und damit den Mehrwert Ihrer Produktinformationen steigern.
Zielgruppe der Gebrauchsanweisung beachten
Doch gerade bei Medizinprodukten ist es wichtig zu analysieren, wer geht mit Ihrem Produkt um? Häufig fallen auch ältere Teile der Bevölkerung unter die Nutznießer der Medizin und diese sind bekanntermaßen weniger digital unterwegs. Im Allgemeinen werden deshalb die Medizinprodukte, die an Endverbraucher gehen, auch deutlich passiver bei der Digitalisierung behandelt, als die Medizinprodukte, die an Fachpersonal mit geeigneter Ausstattung gehen.
Digital = Papierlos – aber nicht immer im Internet
Wussten Sie schon? Digital muss nicht immer heißen, dass die Anleitung im Internet bereitstehen muss. Sie können, wenn Ihr Produkt über ein Display und Software verfügt, Teile der Anleitung auch in die Software integrieren und am Display anzeigen lassen. Damit ist zumindest das Risiko minimiert, dass die Anleitung nicht zugänglich ist, sobald kein Internetzugang vorhanden ist.
Ausblick: gesetzliche Regelungen müssen kommen
Eindeutigere Aussagen zu dieser Thematik wird der Gesetzgeber in Zukunft wohl machen müssen, denn die Digitalisierung ist mittlerweile ein fester Bestandteil der Arbeitswelt und des Privatbereichs. Doch die offiziellen Mühlen mahlen bekanntlich sehr langsam und es lässt sich schwer vorhersagen, wann Hersteller hier wirklich Gewissheit erlangen können.
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